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Je weiter die Kinder durch den düsteren Geheimgang tief unter dem Friedhof von Großglockstadt liefen, desto unsicherer fühlte sich Carmen. Nikita schien diesen Weg fast täglich zu
gehen. Er strahlte eine Zuversicht aus, um die das Mädchen ihn beneidete. "Nur noch ein kurzes Stück, dann sind wir da", versprach ihr der Junge. "Wo kommen wir raus?", fragte
Carmen mit dünner Stimme. "Der Gang endet auf unserem Friedhof", erklärte Nikita eifrig. Erschrocken blieb Carmen stehen. "Auf dem Monsterfriedhof? He, das hast du mir gar nicht
gesagt." Der Monsterjunge drückte beruhigend ihre Hand. "Keine Angst, unser Friedhof ist genauso harmlos wie euer Friedhof. Wir treffen jetzt garantiert niemanden dort an. Im Oktober wird ab 17 Uhr
die Beleuchtung ausgeschaltet." Seine ehrlichen Beteuerungen waren wenig geeignet, Carmens Zweifel zu zerstreuen. "Und wie weit ist es vom Friedhof bis zur Lilienstraße?" Ihre kritische Frage
klang mehr wie ein Flüstern. "Na, genauso weit wie oberirdisch", beteuerte Nikita sorglos. Ungeduldig zog er sie weiter. Jetzt umkehren wäre mega peinlich, dachte Carmen mit zusammengebissenen
Zähnen. Ohne sich ihre plötzliche abgrundtiefe Angst anmerken zu lassen, stolperte sie vorwärts. Endlich erreichten sie das Ende des Ganges. Aufatmend beobachtete Carmen, wie Nikita etwas
aufstemmte, das wie eine Dachluke aussah. Der Monsterjunge kroch wendig durch die runde Öffnung und zog sie nach oben. "Alles im grünen Bereich." Sie standen hinter einer hohen Marmorsäule, die zu
einem gepflegten Grab gehörte. Der Monsterfriedhof wurde durch Bogenlampen beleuchtet. In der Nähe befand sich ein Ausgang. Nikita kramte in seinem Schulrucksack und reichte Carmen eine
schwarze Augenklappe . "Mach die um", riet er ihr. "Damit siehst du wie ein Monstermädchen aus." "Echt?" Überrascht folgte Carmen seinem Rat.

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