![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 4. Abenteuer auf dem Spiegelstern3. Der Rüpel
Seitdem Tricki und Tim im Schaufenster ausgestellt wurden, rechneten sie ständig damit, einem möglichen Käufer vorgestellt zu werden. Aber weit gefehlt! Für die Außerirdischen waren sie nur Ware und wurden entsprechend behandelt.
Ssss! Lautlos öffnete sich der Boden unter ihren Füßen. Ohne Vorwarnung fielen sie aus dem Schaufenster in eine Verpackungsbox, die sich über ihnen schloß. Dunkelheit umgab sie.
"Methoden sind das!" ächzte Tricki. Er schaukelte wie ein Seemann im Sturm hin und her. Auch Tim hatte Mühe, beim anschließenden Transport nicht umzufallen. Glücklicherweise sickerte jetzt Tageslicht durch die winzigen Luftlöcher ihrer Box, so dass sie zwar um ihr Gleichgewicht kämpfen, aber nicht ganz im Dunkeln waren und Tim nicht ersticken musste. "Fast so schön wie im Wilden Westen!" jauchzte der Junge, wobei er wie ein Hampelmann mit den Armen ruderte. "Vorsicht!" warne Tricki. "Meine Antenne darf keinen Knick abbekommen."
![]() ![]() Holterdiepolter! Wie das schaukelt! Als würden sie uns auf einem Kamel transportieren. Hoffentlich wird mir nicht schlecht. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichten sie ihr Ziel. Noch einige kräftige Stöße, und die Box stand plötzlich still. Tricki und Tim klopften gegen die glatten Wände ihres Gefängnisses. "Aufmachen!" riefen sie. "Aufmachen!" Stille ringsum. Dann ertönte ein unterdrücktes Kichern. "Ni chtfre chs ein!" rief eine Jungenstimme. Hier handelte es sich wohl um ihren neuen Besitzer. "HeJ un ge! Lassu nsraus!" befahl der Roboter barsch.
Vor Tricki und Tim öffnete sich die Klappe ihrer Box, und sie blinzelten in grelles Tageslicht. Das erste, was sie erkennen konnten, war ein Junge mit Monitorkopf, den sie bereits im Schaufenster gesehen hatten. Er hielt einen Stock in der Hand und kicherte. Sein Kichern klang mutwillig. Vor ihm mussten sie auf der Hut sein. "Wi eh eiß tdu?" fragte Tricki das außerirdische Kind. "Falo", atwortete der Junge. Gleichzeitig schlug er mit dem Stock auf Trickis Vorderseite. Eine Gleittür glitt lautlos auf. Der Vater des Jungen betrat das Kinderzimmer mit den Spiegelwänden. Sofort ließ Falo den Stock hinter seinem Rücken verschwinden. ![]() ![]() "Falo, ab heute wird die Erdensprache gelernt", sagte der Vater im strengen Ton zu seinem Sohn, ohne Tim oder den Roboter zu beachten. "Du weißt, du sollst später einmal Kaufmann werden und wie ich die Erdensprache können. Verstanden?" "Ja, Vater", erwiderte Falo kleinlaut. Als der Vater sich umdrehte, um das Kinderzimmer zu verlassen, schnitt Falo eine Grimasse.
"So, du sollst die Erdensprache lernen", sagte Tricki zu Falo. "Dann fangen wir am besten gleich mit dem Unterricht an, damit dein Vater mit deinen Fortschritten zufrieden ist." Erneut schnitt Falo eine Grimasse. Lernen lag ihm wohl nicht besonders. Dafür hatte Tim Verständnis, doch nicht dafür, dass Falo ihn wie eine Gänseschar mit dem Stock durch Zimmer trieb, wobei er sich hundertmal selber in den vielen Spiegeln sah. "Halt!" gebot Tricki dem Jungen. "Wenn du so weitermachst, bringen wir dir falsche Erdensprache bei. Und dein Vater ist unzufrieden mit deinen Leistungen." Daraufhin ließ Falo seinen Stock hinter dem Rücken verschwinden."Das dürfen nicht!" rief er jämmerlich. "Meine Vater wird ganz, ganz bose." "Böse", korrigierte Tim ihn. "Bestimmt sollst du so was werden wie Toulani. Oder?" Falo nickte unzufrieden. "Ich hasse diese Gedanke", stieß er aus. "Ich will werde Sklavenaufseher in Diamantbergwerk." Der Junge grinste breit. "Na, den Stock hast du ja schon, mein Junge", meinte Tricki freundlich. "Wann ist deine nächste Prüfung in Erdensprache?" "In zwei Wochen", berichtete Falo abfällig. "Na, dann müssen wir uns Mühe geben, dir ein wenig Grammatik beizubringen." "Verd am mterH age lsturm!" fluchte Falo.
Nach all den Aufregungen verspürte Tim Hunger. "Was wohl Falo ißt, wo er doch einen Monitorkopf hat?" fiel ihm siedendheiß ein. Sogleich platzte er heraus: "Du, Falo, sag mal, was ißt du am liebsten?" Falo verdrehte die Augen und erwiderte angeekelt: "Ich nichts esse, bin kein Affe! Nachts krieg ich Energie über - wie sag man? - Elezi?" "Elektrizitätswerk", half Tricki aus. "Ja", strahlte Falo. Beunruhigt fragte Tim: "Und ich? Kriege ich hier was zu essen?" Da grinste Falo. "Fütterung immer morgens." Tim erschrak. "Jetzt ist aber nicht morgens." Falo bedauerte ihn: "Oh, oh, arme schwarze Kater." Tim zischte: "Bin kein Kater, du Blödmann!" "Laß nur", ermahnte Tricki ihn. "Für den Notfall hast du Bergsteigernahrung in deinem Rucksack."
![]() Dies war ihr erster Tag auf dem Spiegelplaneten. Tricki, der abends, als Falo das Kinderzimmer verlassen hatte, ihre Situation überdachte, zeigte sich mit der Entwicklung der Dinge zufrieden. "Falo ist frech und dumm", maulte Tim, während er an einem Müsliriegel wie auf Hartgummi kaute. "Du hast recht. Aber er braucht uns, und das ist unsere Sicherheit", erklärte der Roboter ihm. "Anscheinend gibt es hier Sklavenarbeit. Es hätte uns schlimmer treffen können." Trotzdem fand Tim ihr Leben als Spielzeug eines Jungen demütigend und anstrengend. "Am liebsten würde ich Falo kräftig gegen das Schienbein treten, wenn er mich mit seinem Stock in die Seite piekt", rief er wütend. "Hab Geduld", riet Tricki ihm. "Wir werden es schon schaffen und diesem Planeten die besten Seiten abgewinnen", versprach er ruhig. "Bis dahin speichere ich alle Informationen, bis wir einen Plan haben."
Etwa zur gleichen Zeit kreischte die Hexe Kaukau in Neustadt vor ihrem Computer laut auf. Toulani hatte ihr eine E-Mail geschickt, deren Inhalt sie hell empörte. Es hieß unter anderem "... leider muss ich Ihnen mitteilen, der vermißte Roboter Tricki befindet sich gemeinsam mit dem Kind Tim im Besitz des Jungen Falo Ruperto, wohnhaft in Glasnostella, der Hauptstadt unseres Planeten. Weitere Nachforschungen meinerseits haben ergeben, es besteht kein Grund zur Besorgnis, sowohl Tim als auch dem Roboter geht es außerordentlich gut bei der Familie Ruperto, die beide als Ehrengäste betrachtet."
"Kreuzotter noch mal! Diesem Toulani ziehe ich den Stecker raus," schimpfte die Hexe , "wenn er nicht dafür sorgt, dass sie mir Tricki zurückgeben." Aufgebracht mailte sie ihre Meinung zurück. Sie schloß mit den Worten: "Falls Sie mir nicht innerhalb von 24 Stunden Trickis Rückkehr (in unversehrtem Zustand) garantieren, sind unsere Geschäftsbeziehungen ein für alle mal beendet."
Die Wahrheit war, die Hexe Kaukau vermißte Tricki, und das machte sie wütend. Und je mehr sie ihn vermißte, umso wütender wurde sie.
Seine Buchstabensuppe mit Toffeefeesahnehäubchen hat so gut geschmeckt. Toulani soll mich kennenlernen. Entweder liefert er innerhalb von drei Tagen den Roboter bei mir ab oder ich sorge dafür, dass er seines außerirdischen Lebens nicht mehr froh wird.
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