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112. In der Höhle des Löwen

Ohne sich die geringste Unsicherheit anmerken zu lassen, schritt Sergej energisch auf den düsteren Eingang des Monsterclubs zu. Schlagartig veränderte sich sein Verhalten. Er torkelte leicht, hob die rechte Hand wie zum Schwur oder winkte einem Maskierten zu. Der Roboterjunge folgte ihm wie ein Schatten. Da Sergej so selbstsicher auftrat, stellte sich ihnen niemand in den Weg.
"Sieh an, der Kassierer!" schallte es ihnen höhnisch entgegen. Rasch eilten die beiden durch feuchte, halb finstere Bunkergänge, die in einem schäbigen Raum endeten. An den Wänden standen bunt beleuchtete Spielautomaten, die von Jugendlichen in Umhängen umlagert waren.
"Ich muss zu Boris!" herrschte Sergej einen Leibwächter an. Ohne sich aufhalten zu lassen, riss Sergej eine rostige Eisentür neben den Spielautomaten auf, gleichzeitig schob er seine Maske zur Seite. Der Roboterjunge schob ebenfalls seine Maske nach hinten. Sie betraten ein helles, sauber eingerichtetes Büro. Ein dunkelhaariger Mann stand über ein Kopiergerät gebeugt. Sein Gesicht war hübsch. Mit kalten Augen blickte er den unangemeldeten Besuch an.
"He, Boris, ich muss etwas regeln", sagte Sergej in einem herausfordernden Tonfall. Er trat ein und achtete darauf, dass Albert die Tür hinter ihnen schloss.
Das Gesicht des Geschäftsführers lief vor Wut rot an, sein Mund verzog sich zu einem hässlichen Lachen. "Sieh an, Sergej höchstpersönlich. Wird aber auch Zeit!"
"Naja, hatte so viel zu tun. Du weißt ja, wie das so ist", beteuerte Sergej lässig.
Boris grinste den Jungen an. "Du glaubst doch nicht, damit durchzukommen!"
"Also, bei all der Hektik hatte ich eine Kleinigkeit vergessen." Sergej zog ein Bündel Geldscheine aus der Innentasche seines zerschlissenen Umhangs. "Das Geld gehört dem Club. Hier ist es." Sergej fügte hinzu: "Mit Zinsen." Er legte den Geldbetrag auf den Schreibtisch.
Bevor Boris etwas erwidern konnte, ging die Tür auf und ein Jugendlicher, der eine Kassette unter dem Arm trug, trat ein. Ihm folgte ein schmächtiger kleiner Junge dicht auf den Fersen.
Durch Sergej ging ein Ruck. "Duro!" rief er entgeistert. Vor ihm stand Duro, den er so lange gesucht hatte. Der Junge duckte sich, als erwartete er Schläge.
"He, lass meinen Lehrjungen in Ruhe!" brüllte Ingo, der neue Kassierer.
"Aha! So ist das!" Sergej lachte bitter. "Duro tritt in meine Fußstapfen."
"Na und! Wer ist denn hier das Schwein!"
Wieder öffnete sich die Tür. Eine Frau, die grell geschminkt war, stöckelte auf hohen Absätzen herein. Unter ihrem Umhang trug sie ein kostbares Seidenkleid. In ihrem langen schwarzen Haar glitzerten Juwelen. Sie stemmte die Hände in die Seiten und sagte in einem schrillen Ton: "Was ist denn hier los?"
Unterwürfig blickte Boris seine Chefin an. "Kein Grund zur Aufregung, Diamanta. Kommt der doch einfach hier rein und will das geklaute Geld zurückgeben."
"So!" Diamanta wandte sich Sergej zu. "Der Kassierer. Was für eine Unverschämtheit, dich nach all dem Ärger hier blicken zu lassen!"
"Das Geld liegt auf dem Tisch. Mit Zinsen", rief Albert schnell. Jetzt erst sah Diamanta den Roboterjungen an. "Albert!" rief sie erstaunt.
"Lilli", sagte der Roboterjunge nach einer kurzen Denkpause.
Diamanta schüttelte sich, als wollte sie eine unsichtbare Last abwerfen. Ärgerlich wandte sie sich an Boris. "Hast du das Geld nachgezählt?"
"Gleich!" Boris gab Ingo einen Wink. Der neue Kassierer überprüfte die Geldscheine, wobei Duro ihm mit einem gierigen Blick zusah.
"Stimmt!" verkündete Ingo.
"Was machen wir mit ihm?" wandte sich Boris an seine Chefin.
Diamanta puderte ihre Nase, als sei dies das Wichtigste auf der Welt. "Lass ihn laufen!" bestimmte sie gelangweilt.

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